2009/11/09

Thierry Zéno - Vase de Noces

Autor: Daniel

Vase de Noces, der auch den angebracht lyrischen Titel Wedding Trough trägt, ist international eher unter dem arg spekulativen Titel The Pig Fucking Movie bekannt. Mit der DVD-Veröffentlichung durch Camera Obscura steht der Film, der in angemessener Qualität bisher nur auf Festivals zu sehen war, nun für ein breiteres Publikum und damit eine Korrektur des zweifelhaften Rufs zur Verfügung.
Die Handlung des Films ist denkbar einfach. (Ich fasse sie im Folgenden bis zum Schluss zusammen, wer sich den Spaß nicht verderben möchte sollte den folgenden Absatz also überspringen) Ein schlaksiger Mann wohnt mit einer Hand voll Gänsen, Hühnern und einem Schwein auf einem verfallenen Bauernhof. Er betreibt keine Landwirtschaft sondern vertreibt sich die Zeit mit Kinderspielen und Mal mehr Mal weniger geheimnisvollen Ritualen. Das Schwein erhält dabei die meiste Aufmerksamkeit und ja, irgendwann entschließt sich der junge Mann dazu das Tier zu begatten. Das Schwein wirft in Folge drei Ferkel, die der Mann zu erziehen versucht. Als er erkennt, dass dies aussichtslos ist, tötet er die Ferkel, worauf sich das Schwein umbringt. Der Mann trägt das Schwein zu Grabe und versucht sich anschließend lebendig zu begraben. Als er auch hierbei scheitert beginnt er eine Art Experiment, in dessen Rahmen er seine Fäkalien isst und seinen Wirkungskreis generell immer stärker auf seinen Körper und dessen Ausscheidungen reduziert bis er sich schließlich selbst umbringt.
All das inszeniert der Film in äußerst kargen, kontrastreichen Bildern im Format 1,37:1, ohne Dialog, untermalt mit einigen wenigen elektronischen und an gregorianische Gesänge erinnernden Stücken. Der Schnitt ist äußerst behäbig, man hat es oft mit Plansequenzen zu tun, und auch die Kameraarbeit ist eher nüchtern aufzeichnend als stilvoll inszenierend. Insgesamt wirkt der Film dadurch wie die Dokumentation einer Performance, deren Sinn sich dem Zuschauer nicht gleich erschließt, und nicht wie der geschmacklose Skandalfilm, als den ihn der Titel The Pig Fucking Movie zu verkaufen versucht.
Dazu passt auch, dass die positivsten Reaktionen, die die Filmemacher auf ihren Film erfahren haben, von den Besuchern von Experimentalfilmfestivals kamen. Dies allerdings nicht ohne Einschränkungen, denn die nüchterne und sehr langsame Inszenierung lässt jegliche Experimentierfreude vermissen, so dass von diesem Blickwinkel aus der Film recht uninspiriert wirkt. Auf der anderen Seite ist die Skandal umwobene Zoophilie äußerst kurz und darüber hinaus auch unaufgeregt inszeniert, so dass sie keinesfalls alle anderen Handlungen des Mannes überschattet sondern mit diesen gleichgestellt wird. Die dokumentierte Performance lässt sich zusammenfassen als eine Abfolge von Handlungen mit christlichen, archaischen oder an der Kunst- und Filmgeschichte geschulten Wurzeln.
Bei der Entschlüsselung dieses Bezugssystems ist die 72-minütige Dokumentation durchaus eine Hilfe, auch wenn Regisseur Zéno und sein Darsteller Garny sich mit Interpretation zurückhalten. Dennoch erleichtert diese Veröffentlichung es nun den Film in einem Kunstkontext zu interpretieren und die voreilige Einordnung als Tiersex-Schund zu revidieren. Dabei sollte allerdings nicht außer Acht gelassen werden, dass die beiden Macher den Film während ihres Kunststudiums inszeniert haben und er ihre ersten künstlerischen Gehversuche und nicht das krönende Meisterwerk ihres Schaffens darstellt. Das dabei so ein irritierendes und immer noch Aufmerksamkeit erregendes Werk entstanden ist, kann ihnen allerdings als große Leistung angerechnet werden.
Die Standbilder entstammen der Camera Obscura DVD.