2009/11/24

Michael Ritchie - Prime Cut

Autor: Daniel

In den späten 1960er Jahren und über die 1970er hinweg sind in den USA einige hervorragende Kriminal- und Gangsterfilme entstanden. Bullitt, French Connection und Massenmord in San Francisco zählen sicherlich zu den besten Vertretern der ersten Kategorie, während die besten Vertreter der zweiten wohl Bonnie und Clyde, Point Blank und Getaway sind. Uneingeschränkt kann man auch den hierzulande eher unbekannten Film Prime Cut zu dieser Auflistung an Gangsterfilmen zählen. Die DVD ist zwar schon lange in Amerika erhältlich, doch das hindert die Zwiebelringe nicht daran, über diesen Film zu berichten.
Prime Cut erzählt die Geschichte von Nick Devlin (gespielt von Lee Marvin) der im Auftrag der Chicagoer Mafia nach Kansas City geschickt wird um vom abtrünnigen Mary Ann (Gene Hackmann) hinterzogenes Geld in Höhe von 500.000$ einzufordern. Mary Ann betreibt für Chicago einen florierenden Handel mit Drogen und Frauen, hat sich allerdings entschieden seine Gewinne nicht mehr zu teilen und beseitigt jeden, der ihm versucht das Handwerk zu legen. Als Tarnung für seine Machenschaften dient ihm, passend zum landwirtschaftlich orientiertem Bundesstaat Missouri, eine große Rinderzucht in deren Schlachthaus sich auch leicht unliebsame Störenfriede beseitigen lassen. Als Nick nun in Kansas City ankommt, wird für Mary Ann und seinen Bruder Weenie (Gregory Walcott) unmissverständlich klar, dass Chicago es ernst meint und der Konflikt eskalieren wird.
Lee Marvin spielt wie gewohnt den stoischen, determinierten Helden, der zwar auf der falschen Seite des Gesetzes stehen mag, aber doch der aufrichtigste und vertrauenswürdigste Mensch in einer von Gier und Hass zerfressenen Welt ist. Gene Hackmans Mary Ann hingegen ist einer der unsympathischsten und widerlichsten Gangsterbosse des 70er Jahre Kinos, für den Frauen- und Tierfleisch den gleichen Marktwert besitzt. Nachdem der Konflikt eingeführt und vor allem Mary Anns Skrupellosigkeit gezeigt worden ist, festigen zwei längere Szenen den Dualismus der beiden Männer.
In der ersten geht Nick mit der von ihm aus Mary Anns Frauenhandel befreiten Poppy (Sissy Spacek in der für sie während der 70er Jahre scheinbar typischen Rolle als Unschuld vom Lande die letzten Endes doch zurückschlagen kann) im Hotelrestaurant essen. Mit eisigen Blicken weist er hier die Poppys aufreizende Gestalt begaffenden Männer in ihre Schranken und gewinnt mit einem Lächeln das Wohlwollen der entsetzten Frauen. Was man eben so tut, um als echter Mann in Ruhe essen zu können. Die zweite Szene widmet sich Mary Ann und seinem Bruder Weenie, die ausgiebig in der Küche raufen, während die Buchhalter die Erlöse des vergangenen Frauenverkaufs kalkulieren. Wie zwei Jungen auf dem Spielplatz ringen der Gangsterboss und sein Handlanger miteinander und beschimpfen sich mit immer abstruseren Schimpfwörtern. Hier wird endgültig klar, dass Mary Ann zu sehr Kind ist um die Gelegenheit verstreichen zu lassen mit Nick Devlin ausgiebig Räuber und Gendarm zu spielen. Auch wenn es Tote gibt.
Die US-DVD von Paramount präsentiert den Film im Originalformat von 2,35:1 in einer fast durchweg makellosen Bildqualität – einige Einstellungen sind etwas unscharf, dies könnte allerdings durchaus auch bei der Aufnahme geschehen sein. Leider bietet die Veröffentlichung keinerlei Bonusmaterial (den original Kinotrailer hätte ich zu gern gesehen) aber immerhin neben der original englischsprachigen Stereo Tonspur auch eine im Dolby Surround 5.1 Verfahren, eine französische Mono Tonspur und englische Untertitel. Die Qualität der Veröffentlichung ist jedenfalls gut genug um bedenkenlos zuzugreifen und diesen fast in Vergessenheit geratenen Gangsterfilm wieder zu entdecken. Schade, dass Paramount Deutschland hier noch nichts veröffentlicht hat, aber das überrascht mittlerweile nicht mehr.
Angesichts dieses gelungenen Films bin ich auf jeden Fall um einiges neugieriger auf Downhill Racer, den Michael Ritchie drei Jahre zuvor inszeniert hat und der soeben von Criterion veröffentlicht worden ist.
Japanisches Kinoplakat. Alle Standbilder entstammen der US-DVD von Paramount.